allgemeine Beschreibung
In meinem Schwedenurlaub 2002 mit einem Wohnmobil wollte ich aus Interesse an dem Geschiebe "Kinne-Diabas" mir einmal den Herkunftsort Kinnekulle ansehen. Wir sind 2 Tage auf dem schönen, ganz in der Nähe liegenden Campingplatz (der Link ist unten angegeben) direkt am Vänernsee geblieben.
Von dort aus habe ich die drei beschriebenen Steinbrüche mit dem Auto aufgesucht. Bei meinem zweiten Besuch 2003 bin ich der Wanderkarte gefolgt und in ca. 20 Minuten vom dem Campingplatz bis zum Kalksteinbruch bei Hällekis gegangen.
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| Blick auf den Strand vom Campingplatz | Orthoceras vom Strand in Kalkstein |
Den Orthoceras habe ich am Strand vom Campingplatz gefunden. Obwohl in dieser Höhe alles aus Sandstein (s. Schema) besteht, lag hier dieser Kalkstein herum. Wahrscheinlich aber bei der Anlage der Mole von Menschen mit herantransportiert. Der innere Teil sieht aus wie ein Belemnit, ist aber ein großer Sipho.
Der 306 m hohe Kinnekulle besteht aus fünf Gesteinsarten, die auf dem Urgestein lagern. Der obenliegende, 27 m mächtige Diabas diente als Schutz gegen die Abtragung, welche in der übrigen Gegend schon ganze Arbeit geleistet hat. Diese Anordnung ist nicht sehr häufig, weshalb auch nur wenige dieser "Schichttortenberge" noch in Schweden vorhanden sind. An ihnen lässt sich die Erdgeschichte bis etwa 540 Millionen Jahre zurückverfolgen. Damals traten die ersten primitiven Tiere im Meer auf, von denen viele als Fossilien erhalten blieben.
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Trapp-Diabas: Kinne-Diabas aus dem Perm (251 Mio.
Jahre) Lerskiffer: Tonschiefer aus dem Silur (417 Mio. Jahre) Kalksten: Orthocerenkalk aus dem Ordovicium (443 Mio. Jahre) Alunskiffer: Alaunschiefer aus dem Kambrium (495 Mio. Jahre) Sandsten: Sandstein aus dem Präkambrium (545 Mio. Jahre) Urberg: Grundgebirge (Gneis, Granit) |
Fundmöglichkeiten am Kinnekulle
Am besten kauft man sich für ca. 20 SEK die Wanderkarte vom Kinnekulle (es gibt sie auch in deutsch). Unten ist ein Link angegeben, welcher auch auf eine ähnliche Karte des Gebietes verweist. Danach kann man recht gut die drei beschriebenen Steinbrüche (Kalksteinbruch bei Hällekis und Österplana, Alaunschieferbruch bei Råbäck) finden. Sie sind alle mit dem Auto erreichbar und bieten gute Fundmöglichkeiten. Die Stücke kann man dann gleich im Stenmuséet zwischen Medelplana und Västerplana bestimmen. Es ist nur ein kleines Museum, aber alles was am Kinnekulle zu finden ist, wird dort ausgestellt.
Kalksteinbruch bei Hällekis
Großer, sehr beeindruckender, zur Zeit nicht in Betrieb befindlicher Kalksteinbruch ca. 3 km südwestlich von Hällekis mit meist roten, aber auch grauen und grünlichen Orthocerenkalken. Hier kann man einfach nur auflesen, mit dem Hammer kleinere Brocken aufschlagen oder mit dem Fäustel sich an die "großen Klamotten" heranwagen (Sammeln nur mit Genehmigung der CEMENTA in Skövde/Billingen). Die Fundaussichten sind bei allen Varianten gut. Sehr häufig findet man Orthoceren in allen Größen, aber auch Trilobiten sind nicht selten. Cystoideen habe ich nur eine gefunden. Meine Stücke sind nicht sehr gut erhalten, aber doch noch alles erkennbar: diverse Orthocerenbruchstücke, einen ganzen Trilobiten Nileus sp., mehrere Pygidien von Megalaspis (Megistaspis?) und eine Cystoidee (Sphareronites pomum).
Orthocerenbruchstücke |
eingerollter Nileus sp. |
Pygidium von Megalaspis (Megistaspis?) |
Cystoidee Sphareronites pomum |
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| roter Orthocerenkalk mit Löchern unbekannter Herkunft, teilweise mit kristallinem Calcit ausgefüllt. | grauer Orthocerenkalk mit nicht genauer bestimmbaren Fossilresten, sieht aus wie ein fossilierter Meeresboden. Teilweise mit stengeligen Calcitkristallen besetzt. |
Kalksteinbruch bei Österplana (Thorsberg Stenhuggeri)
In diesem aktiven Kalksteinbruch bei Österplana (ca. 12 km südöstlich von Hällekis)werden große Kalksteinblöcke und Platten aus dem Anstehenden gesägt und auch gleich weiterverarbeitet. Dadurch entstehen Amphitheater-ähnliche Abbauwände, ein recht ungewöhnlicher Anblick. Direkt aus der "Wand" ist kein Material zu entnehmen, ich habe vorsichtig die Schutthaufen oberflächlich durchsucht (Sammeln nur mit Genehmigung siehe Link unten) und bin ausreichend fündig geworden. Die Fossilien zeigen das gleiche Spektrum wie bei Hällekis, wobei es hier aber auffällig viele Cystoideen und nur wenige Trilobiten gibt. Mit ein bisschen Glück kann man bei den Sägeresten auch dünne Platten mit aufgeschnittenen Orthoceren finden. Meine Funde von hier bestehen aus diversen großen Orthoceren, vielen Cystoideen und einem Estonioceras.
Seit einiger Zeit gibt es mehrere Artikel über fossile Meteoritenfunde in diesem Steinbruch. Diese sind leicht im Internet unter den Suchbegriffen "thorsberg kinnekulle" zu finden.
Alaunschieferbruch bei Råbäck
Aufgelassener Steinbruch in der Nähe von Trolmen (ca. 12 km südwestlich von Hällekis), zwischen Råbäck und Trolmen. Am Straßenrand steht ein recht unscheinbares Schild mit der Beschreibung der Geologie von Råbäcks Steinbruch. Wenn man dem Trampelpfad folgt kommt nach ca. 5 Minuten an die ehemalige Abbaustelle. Leider ist er ziemlich zugewachsen, meine Belegstücke habe ich schon auf dem Weg dahin gefunden und brauchte nicht in dem verwachsenen Gelände mein Glück zu versuchen. Hier wurde früher Alaunschiefer abgebaut, in den darin enthaltenen Stinkkalken sind oftmals schön erhaltene Trilobiten (meist der kleinwüchsige Agnostus) zu finden. Besonders interessant fand ich den stengeligen grobkristallinen Anthrakonit. Meine Belegstücke bestehen aus Schieferstücken mit Agnostusschilden, Handstücken aus Stinkkalk mit diversen Häutungsresten von Trilobiten und stengeligem grobkristallinem Anthrakonit.
Auf einem Hinweisschild war folgender Text zu lesen:
Im Oberkambrium stieg der Meeeresspiegel, und nahe der Oberfläche wimmelte es von Lebewesen. Tonstein, Kalk und tote Tiere sanken auf den mangelhaft belüfteten Meeresboden. Aufgrund des Sauerstoffmangels konnten grosse Organismenmengen nicht verfaulen, sondern wurden ins Sediment eingebettet. Diese schwarzen Sedimente bestehen aus Stinkkalk und Alaunschiefer.
Der Stinkkalk ist fossilreich, Trilobiten die sich bis zu 10mal häuteten, herrschten vor. Die Fauna war artenarm doch individuenreich. Der Kalk ist als Stinkkalklinsen abgelagert, um den sich der stärker zusammengepresste Alaunschiefer herumbiegt.
Diese Lager hatten grosse wirtschaftliche Bedeutung, Kalk ist seit Hunderten von Jahren für landwirtschaftliche Zwecke gebrannt worden. Alaun war ein wichtiger Exportartikel im 18. Jahrhundert (Gerben, Beizen, usw). Wegen seines hohen Ölgehaltes wurde der Alaunschiefer seit Anfang des 19. Jahrhundert zum Kalkbrennen genutzt. Die leuchtend roten Abraumhalden bestehen aus ausgebrannten Alaunschiefer (Trödfyr). Seit Ende des 19. Jahrhunderts bis ca. 1945 hat man zeitweise Öl aus Alaunschiefer gewonnen.
"Klassische Fundstellen der Paläontologie (Band 4)" von Werner K. Weidert (Hrsg.)
ISBN 3-9261299-32-8, 288 S. mit ca. 470 Abb., ca. 45 €
"Fossiliensammeln in Südskandinavien" von Palle Gravesen
ISBN 3-926129-14-X, 248 S., ca. 30 €
"Geologischer Führer für den norddeutschen Geschiebesammler" von Werner Schulz
ISBN 3-933781-31-0, 507 S., ca. 36 €
"Der Geschiebesammler" 1966, 1. Jahrgang, Heft 2, ein Artikel über Steinbruch Råbäck
"Klassische Fundstellen der Paläontologie" Band IV (ISBN 3-9261299-32-8)
Flyer Västergötland, lebender Meeresboden - über 570 Millionen Jahre alt
SCR Kinnekulle Camping Beschreibung des oben erwähnten Campingplatzes
Homepage der Thorsberg Stenhuggeri in schwedisch
